»Ein Volk wird danach beurteilt, wie es seine Toten bestattet« Perikles
Die Bestattungsform bestimmt die für die Angehörigen den bleibenden »Ort der Heimat«.
Welche Bestattungsformen werden in Deutschland favorisiert?
Laut Infratest-Umfrage (2007) wünscht sich nur noch jeder zweite Deutsche eine traditionelle Bestattung: von diesen bevorzugen rund 30% das Erdgrab und 20% die Urnenbestattung; hingegen bevorzugen 70% aller Österreicher eine traditionelle Erdbestattung mit christlichen Ritualen, nur für 13% kommt eine weltliche Bestattung in Frage.
Zu den »traditionellen« Bestattungsformen zählen inzwischen neben der Erdbestattung
(Wahlgrab: Einzel-, Doppel- oder Familiengrab) auch die Feuerbestattung mit Urnenwahlgrab
(Erdgrab oder Kolumbarium).
Die Erdbestattung in einem Wahlgrab hat eine weit zurückreichende Tradition: die ältesten bekannten Grabstätten stammen aus der Zeit um 5.500 v. Chr. in Ägypten.
Diese Bestattungsform gilt als traditionell (»normal«) in katholischen Bundesländern und
ländlichen Gegenden.
Wesentliche Merkmale sind:
... hat eine lange germanische Tradition: seit der Bronzezeit (um 1.500 v. Chr.) ist sie bei den Germanen bekannt, aber auch im Römischen Reich und im hinduistischen Indien ist sie die Hauptbestattungsform.
Das Christentum und der Islam haben der Feuerbestattung ein Ende gesetzt, wohl auch um
sich von Andersgläubigen abzugrenzen; im Islam und im Judentum wird sie bis heute abgelehnt.
Inbetriebnahme des ersten deutschen Krematoriums im Jahre 1878 in Gotha; das erste europäische Krematorium wurde 1876, also zwei Jahre vor Gotha, in Mailand in Betrieb genommen.
Heute findet die Urnenbeisetzung einige Zeit nach der Einäscherung statt: als letzte Ruhestätte wird die Beisetzung in der Erde oder eine Nische in einer Urnenwand ausgewählt.
Zur Besonderheit der Beerdigungsstatistik in Ostdeutschland: in den 35 Jahren ihres
Bestehens als DDR gab die politische Führung finanzielle Anreize, die Toten zu verbrennen,
um religiöse Zeremonien zu umgehen. Eine Erdbestattung wurde erst nach vier Wochen
erlaubt, so dass man häufig schon bei Lebzeiten hätte die Genehmigung dafür beantragen
müssen. 1995 betrug der Anteil der Einäscherungen in Jena 91% der Gesamtbestattungen,
in Augsburg waren es ca. 25%.
Nicht mehr zum Kern der traditionellen Bestattungsformen gehörend, in Großstätten, in bevölkerungsreichen Bundesländern, im Norden und im Osten aber (zunehmend) häufig nachgefragt und als Bestattungsform akzeptiert: das Rasen-Reihengrab mit Namenstafel
und die anonyme Bestattung in Gemeinschaftsgrabanlagen.
Unter einem Rasen-Reihengrab mit Namenstafel versteht man ein Rasengrab (Erd- oder Urnenbestattung) mit Kennzeichnung der individuellen Grablage: die Grabparzelle wird nicht
von den Angehörigen ausgesucht, sondern von der Friedhofsverwaltung zugewiesen;
der Grad der individuellen Kennzeichnungsmöglichkeiten solcher Grabstellen variiert von Friedhof zu Friedhof. Für diese Bestattungsform sprechen der vergleichsweise niedrigere finanzielle Aufwand und geringere Mühe für die Angehörigen, da die Grabpflege entfällt.
Mit der Einführung dieser Bestattungsform ist die Nachfrage nach anonymer Bestattung
enorm zurückgegangen, zum Vorteil vieler Angehöriger: die meisten Angehörigen brauchen
einen bestimmten Ort der Erinnerung.
Anonyme Bestattung, hier: der zentrale Ort, an dem Blumen niedergelegt werden können
Anonyme Bestattung: die namens- und zeichenlose Rasenbeisetzung
(Erd- oder Urnenbestattung), in einem nicht individuell gekennzeichneten Gräberfeld
(sog. Gemeinschaftsgrabfeld) mit einem gemeinsamen zentralen Ort, an dem Blumen
niedergelegt werden können und/oder einer gestalteten Denkmalstelle (gekennzeichnet
durch eine Plastik/Skulptur, ein Blumenrabatt).
Bestattung mit anonymer Grabstätte: dieser Trend greift die vor 200 Jahren gängigste Bestattungsform auf, nur knapp 9% der Befragten interessierten sich dafür.
Problematik: Sofern die anonyme Bestattung von den Angehörigen gewählt wird, sollte diese genau erwägt werden: es kommt vor, dass Angehörige nach einer Zeit doch unbedingt wissen wollen, wo genau sich das Grab eines Verstorbenen befindet. Diesem Wunsch darf die Friedhofsverwaltung nicht stattgeben. Es ist jedoch möglich, eine kostspielige Graböffnung und Exhumierung in Auftrag zu geben, um den Verstorbenen danach in einem individuellen, namentlich zuortbaren Grab beizusetzen.
Bei dieser grünen Wiese mit zentralem Erinnerungszeichen handelt es sich um das am dichtesten besiedelte Gemeinschaftsgrabfeld, das mehr als 17.000 Urnen beherbergt.
Davon bevorzugen 45% eine Baumbestattung, 30% sprachen sich für eine Urnenaufbewahrung zu Hause bzw. Urnenbeisetzung im eigenen Garten aus, 13% zeigten sich sehr aufgeschlossen gegenüber extravaganten Beisetzungen, wie der Diamantpressung oder der Weltraumbestattung.
Eine Feuerbestattung ist die Voraussetzung für alle »alternativen« Bestattungsformen.
diese beiden naturverbundenen Bestattungsformen werden von knapp jedem zweiten,
der sich für eine alternative Bestattungsform interessiert, favorisiert
... ein Weg zu den Baumgräbern...
Die Asche Verstorbener wird in eine biologisch abbaubaren Urne im Wurzelwerk eines
Baumes beigesetzt: eine naturverbundene, aber nicht anonyme Bestattung ohne Grabpflege.
Eine naturreligiöse Deutung ist denkbar: der Baum, dessen Wurzelwerk den Verstorbenen als
Nährstoff in sich aufnimmt, versinnbildlicht ein Weiterleben über den Tod hinaus.
Beispiel für eine Grabgestaltung in Form einer gravierten Metallplakette
Bei einer Ruhewald-Bestattung weist auf die Toten, die hier in den Kreislauf der Natur zurückkehren, nur eine im Sinne der Einheitlichkeit gewählte Plakette am Stamm der Eichen, Buchen, Lärchen und vereinzelt Ginko-Bäume. Diese Bestattungsform wird marktführend von zwei
privaten Unternehmen angeboten, der FriedWald GmbH aus Griesheim und der Ruheforst GmbH aus Erbach. Die Bezeichnungen ›FriedWald‹ und ›Ruheforst‹ sind markenrechtlich geschützt.
Die Idee, einen Baum auszuwählen und auf 99 Jahre zu pachten, stammt aus der Schweiz;
der erste Friedwald in Deutschland, der Reinhardswald bei Kassel, existiert seit November
2001. Das Konzept der FriedWald GmbH entwickelt sich stetig weiter, inzwischen gibt es neben
dem Familienbaum auch den Freundschaftsbaum, um auch Freunden zu ermöglichen, gemeinsam unter einem Baum bestattet zu werden; im Jahr 2005 kam noch der Sternschnuppenbaum dazu für die Kleinsten der Kleinen dazu.
Durch die lange Ruhezeit auf den FriedWald- bzw. Ruheforst-Arealen (sonst üblich sind 15-30 Jahre) relativieren sich die Kosten.
Preisbeispiel: ein Partnerbaum für Paare, Geschwister oder Freunde kostet für zwei Personen:
ab EUR 2.700,-- (Vgl. Preisliste der FriedWald GmbH).
Daneben werden inzwischen auch von kommunalen Friedhofsträgern Ruhewald- und Baumbestattungen angeboten.
Eine Baumbestattung ist auch auch dem Münchener Waldfriedhof möglich. Ein Platz unter
einem Gruppenbaum (bis zu 8 Urnen) kostet EUR ca. 5.000,-- ; Preis für einen Familienbaum
um EUR 10.200,-- Die Grabstelle kann dann entweder durch eine einfache Metallplakette oder
aber individuell gekennzeichnet werden.
Baumbestattung auf dem Waldfriedhof München mit dezentem individuellem Grabschmuck
Der größte Friedhof Deutschlands, der Parkfriedhof Ohlsdorf in Hamburg, bietet sowohl
eine Ruhewald-Bestattung mit einheitlichen Plakettentafeln in Baumnähe als auch eine Baumbestattung, bei der sich die Baumgräber im Bereich der inneren Rasenfläche
und der äußeren Wildwiese befinden. In den Rasen eingelassene Steinplatten in Wegnähe
erinnern an die Namen und Lebensdaten der Verstorbenen.
»Baum Nr. 3, Rotbuche«: einheitliche Plakettentafel in Baumnähe
Eine typische Plakettentafel an in Wegnähe
Die Urnenaufbewahrung zu Hause bzw. Urnenbeisetzung im eigenen Garten. Ebenfalls nicht erlaubt: die Almwiesenbestattung, das freie Verstreuen der Asche im Wind und die Felsbestattung.
Naturbestattung ohne Grablegung: die Asche wird unter der Grasnarbe neben einem Felsen vergraben oder aber auf dem Felsen frei verstreut
In Deutschland nicht erlaubt, und nur möglich über den Umweg über das Ausland,
beispielsweise über eine Almbestattung in der Schweiz:
Für eine Almbestattung (in Deutschland u. Österreich nicht erlaubt), gibt es verschiedene
Arten der Beisetzung: die Almwiesenbestattung, das Verstreuen der Asche in den Wind,
die Baumbestattung und die Felsbestattung (Die Asche wird neben einem ausgesuchten Felsen unter der Grasnabe vergraben).
Naturbestattung ohne Grablegung: die Asche wird unter der Grasnarbe vergraben oder aber
auf einer Naturwiese verstreut
Bei einer Wiesenbestattung wird die Asche auf der Almwiese unterhalb der Grasnarbe
verstreut. Die Kosten liegen bei rund EUR 300,--. Der Käufer (egal ob Schweizer oder
Ausländer) pachtet auf 50 Jahre einen Platz auf einer Bergwiese. Dabei ist es egal, ob er
die Asche des Verstorbenen auch tatsächlich dort vergräbt. In der Schweiz gibt es kein
Gesetz, das vorschreibt, in welcher Zeitspanne die Urne beigesetzt werden muss.
Dies hat dazu geführt, dass so manche Deutsche den Friedhofszwang umgehen, indem sie
ein Almwiesengrab in der Schweiz erwerben, die Urne von einem Bestattungsunternehmen
in die Schweiz überführen lassen und sie anschließend, ohne die Asche zu vergraben, wieder
nach Deutschland zurückholen. Nach Schweizer Rechtsprechung darf jeder über die Asche
seiner Verstobenen frei verfügen.
ist eine besondere Form der Naturbestattung ohne Grablegung: dabei wird die Asche auf
einem hierfür bestimmten Ort des Friedhofs verstreut. Diese Aufgabe übernimmt der
Urnenträger, während die Angehörigen der Verstreuung am Rand der Streuwiese
beiwohnen und anschließend Blumen an einem hierfür vorgesehenen Ort ablegen.
Die freie Ascheverstreuung ist nur in einigen deutschen Bundesländern erlaubt:
in Ostdeutschland (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen) und im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen.
Das Schweizer Unternehmen ALGORDANZA Erinnerungsdiamanten GmbH sorgte im Jahr
2004 für großes mediales Interesse als es erstmals die Diamantenbestattung anbot.
Aus der Asche des Verstorbenen wird ein synthetischer Diamant gepresst. Die Kosten für
einen Einkaräter liegen um EUR 13.500,--; kleinere Steine sind ab EUR 4.000,-- erhältlich.
Bei dem aufwendigen Verfahren, das mehrere Wochen in Anspruch nimmt, wird aus einem
Teil der Asche Kohlenstoff gewonnen, der anschließend gereinigt wird. Danach gibt man den
Kohlenstoff in eine Diamantpresse, die ihn, je nach Größe des Steins, mehrere Wochen
hohem Druck und hoher Temperatur aussetzt. Dadurch beginnt der Diamant zu wachsen.
Für die Herstellung eines solchen Diamanten werden etwa 500g Asche benötigt. Auf Wunsch
können auch mehrere Steine gefertigt werden. Anschließend dürfen die nicht verwendeten
Aschereste in einer Urne auf einem Friedhof beigesetzt werden, so dass zusätzlich ein
traditioneller Ort der Erinnerung erhalten bleibt.
Bei einer Flugbestattung werden beispielsweise die sterblichen Partikel von einem
Hubschrauber aus auf der offenen Nordsee verstreut (eine Kombination aus Luft- und
Seebestattung); bei einer Ballonbestattung wird die Asche von einem Heißluftballon aus
beispielsweise über dem Elsaß verstreut...
Nach einer Weltraumbestattung (kostet ca. EUR 11.000,--) kreist die Urne des
Verstorbenen in einem Satelliten um die Erdumlaufbahn.
Eine »Event-Bestatterin« präsentiert Urnen in Erdbeerdesign.
Eine Künstlerin bietet Särge mit aufgemalten Motiven aus der Popkultur an. Die Trauerfeiern
finden in Form eines »Happenings« oder einer Party statt.
Andere Bestattungsformen, wie die Hospizbewegung stellen das Aufbrechen der »gedankenlosen Bestattungsroutine« hin zum selbstbestimmten Tod in den Vordergrund. Ziel ist eine menschenwürdige Sterbebegleitung, wenn die Medizin am Ende ihrer Möglichkeiten steht.
Man versteht darunter die Bestattung der sterblichen Überreste eines zuvor eingeäscherten Verstorbenen auf See. In allen Meeren (für Deutschland: die Ost- und Nordsee) darf Asche beigesetzt werden.
Ihren Ursprung hat die Seebestattung aus dem Zeitalter der Segelschifffahrt: aus
hygienischen Gründen musste man verstorbene Besatzungsmitglieder dem Meer
übergeben, da eine monatelange Aufbahrung an Bord nicht möglich war.
Das Ritual:
Eine spezielle, wasserlösliche Seeurne wird nach seemännischem Brauch außerhalb der
3-Meilen-Zone dem Meer übergeben. Die Beisetzung selbst kann in Anwesenheit der
Angehörigen stattfinden, man spricht dann von begleiteter Seebestattung - im Gegensatz
zur stillen Seebestattung (bei dieser werden zumeist gleich mehrere Urnen im Meer versenkt).
Während der Fahrt zur Stelle, an der die Urne versenkt wird, bahrt man diese im Salon des
Schiffes auf, der Kapitän oder ein Trauerredner spricht an der Beisetzungsstelle,
Trauerbeflaggung ist üblich, Musik möglich. Auf die Übergabe an das Meer folgen vier
Doppelschläge mit der Schiffsglocke, die das Ende der Seewache bedeuten. Das Schiff
umrundet anschließend die Beisetzungsstelle; die genaue Position des Beisetzungsortes wird
dokumentiert und anschließend den Angehörigen als Auszug aus dem Logbuch einschließlich
einer Seekarte überreicht.
Am Heimatort des Verstorbenen findet in der Regel eine Trauerfeier statt.
Fazit:
Besonders interessant für Menschen, die zu Lebzeiten eine enge Bindung zum Meer hatten; symbolisch schließt sich der Kreislauf des Lebens, da Wasser als ursprüngliches Element gilt.
Aus Kostengründen ist eine Seebestattung nicht interessant, da zusätzlich zu den Gebühren
für die Kremierung, das Honorar für die spezialisierte Reederei anfällt, neben der Ausnahme-genehmigung, die Kommunen hierfür erteilen müssen (bei begleiteter Seebestattung).
Ausnahmen vom Friedhofszwang werden in Deutschland nur auf Antrag, bei Seebestattungen gemacht. Die eigenständigen Friedwälder/Ruheforste, die nicht Teil eines Friedhofs sind,
müssen von der Gemeinde als Friedhofsnutzung freigegeben sein.
Die Aufbewahrung oder Beisetzung der Asche im privaten Raum, in Garten oder Wohnung,
ist in Deutschland und Österreich - im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern - nicht
erlaubt. In den Niederlanden nehmen etwa 5% der Angehörigen die Urne mit nach Hause
und bewahren sie dort einige Jahre auf. Etwa 80% von ihnen bringen sie nach einiger Zeit
zum Friedhof. Dahinter steht vermutlich der Wunsch, den Verstorbenen noch einige Zeit in
seiner Nähe zu haben.
Bei der Verbreitung der kuriosen alternativen Bestattungsformen herrscht ein starkes Nord-
Süd-Gefälle; in Bezug auf die anonyme Bestattung zudem ein starkes Ost-West-Gefälle:
in Bayern und Baden-Württemberg wird vor allem die traditionelle Erdbestattung gewünscht;
in Österreich herrscht das Familiengrab vor, was den traditionellen Charme österreichischer
Friedhöfe ausmacht.
Ökonomische Gründe sind - anders als vielfach angenommen - in den meisten Fällen nicht
ausschlaggebend für die Grabwahl: ein Großteil der Hinterbliebenen orientiert sich an der
Familientradition. Und auch die Vorstellung, dass es für den Toten wichtig sei, wo und wie
er bestattet liegt, spielt dabei eine Rolle.
Selbst bei preiswerten Bestattungsformen überwiegt nicht immer der Kostenfaktor, einige
wollen dem Toten keine eigene Grabstätte gönnen, weil sie zu Lebzeiten beispielsweise
zerstritten waren und betrachten die anonyme Beisetzung als Bestrafung.